Segelfalter (Iphiclides podalirius)
aus der Familie der Ritterfalter (Papilionidae)
Früher weit verbreitet - heute vom Aussterben bedroht
Noch vor hundert Jahren war der Segelfalter ein um Bad Kissingen häufig vorkommender Tagfalter. In den Aufzeichnungen eines Kurgastes von 1912 findet sich der Hinweis auf bedeutende Vorkommen an der Bodenlaube und am Sinnberg. Ähnlich wie in Bad Kissingen war dieser Falter früher in großen Teilen Süddeutschlands verbreitet und nicht selten. Der Rand der Mittelgebirge bildete in etwa seine nördliche Verbreitungsgrenze.
Heutzutage findet man diesen Falter in ganz Deutschland nur noch in wenigen Restbeständen. In Unterfranken sind dies u.a. Bereiche im Maintal zwischen Würzburg und Karlstadt sowie - von dort ausstrahlend - im unteren Werntal und an der fränkischen Saale. Im Landkreis Bad Kissingen kommt er nur noch an wenigen Stellen um Hammelburg vor.
Eine Raupe mit besonderen Ansprüchen
Die Ursachen für seinen Rückgang sind wohl in den sehr speziellen Ansprüchen des Segelfalters - oder besser gesagt seiner Raupe - zu suchen. Deren Futterpflanze sind Schlehenbüsche. Das Segelfalterweibchen ist jedoch bei der Auswahl der Schlehenbüsche, an die es seine Eier ablegt, sehr wählerisch: sonnig und warm muss der Standort sein und kleinwüchsig der Busch. Der Fachjargon bezeichnet solche Büsche als Krüppelschlehen.
An den Steilhängen im Tal der Saale, die sich tief in den Muschelkalk eingegraben hat, sind die Wuchsbedingungen für Krüppelschlehen gegeben. Dort wächst die Raupe des Segelfalters auf den kaum einen Meter hoch werdenden Krüppelschlehen heran, direkt über dem Wärme speichernden, steinbedeckten Boden.
Höhere Temperatur = beschleunigtes Wachstum
Nahe am Boden und in der prallen Sonne steigt die Temperatur schnell und wesentlich höher als beispielsweise in einer übermannshohen Hecke. Bei der Schmetterlingsraupe führt diese erhöhte Temperatur zu einem beschleunigten Wachstum.
An schattigen und kühlen Stellen hingegen wächst die Raupe langsamer und kann ihre Blätternahrung schlechter verdauen. Je länger die Raupen für ihre Entwicklung brauchen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie währenddessen den zahlreichen Fressfeinden, wie Schlupfwespen, Ameisen, Spinnen und Vögeln zum Opfer fallen.
Segelfalterraupen haben also nur an den besonders warm stehenden Krüppelschlehen eine reelle Aussicht, bis zum Puppenstadium zu gelangen. Soll der Segelfalter bei uns weiterhin eine Zukunft haben, müssen wir seinen Lebensraum und insbesondere die für das Heranwachsen der Raupen unabdingbaren Krüppelschlehengebüsche erhalten - besser noch vermehren.
Hilfe für den Segelfalter
Von Natur aus sind derartige Biotope vor allem an besonders steilen Stellen, wie dem Hammelberg bei Hammelburg oder oberhalb von Machtilshausen, stabil. Der Boden ist dort so trocken und steinig, dass die Schlehen jahrzehntelang klein bleiben. Solche Krüppelschlehenbestände sind jedoch auch natürlicherweise recht selten.
Zu Zeiten einer großräumigen und extensiven Triftbeweidung, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher die Regel war, wurden auch Standorten mit besseren Bodenbedingungen die Schlehen durch Ziegen und Schafe verbissen und damit klein gehalten. Somit kam dem Segelfalter die damalige Wirtschaftsweise stark zugute.
In der jüngeren Vergangenheit wurde diese Art der Beweidung nur noch ausnahmsweise betrieben. An Stellen mit tiefgründigerem Boden wuchsen die Gebüsche somit schnell in die Höhe und wurden für die Segelfalterraupen wertlos. Zusätzlich wurden die dauerhaften Krüppelschlehengebüsche beispielsweise durch Wegebau oder Weinbergsanlagen zerstört, die Biotope der Segelfalterraupe als doppelt beschnitten.
So steht der Segelfalter im Saaletal gegenwärtig kurz vor dem Aussterben. Letzte Refugien sind die steilen Hänge zwischen Wirmsthal und Hammelburg. Um den Lebensraum des Segelfalter zu erhalten, müssen in den in Frage kommenden Gebieten stark zugewachsene Hänge schonend entbuscht werden. Auch gelegentliche Mahd und extensive Beweidung dieser ansonsten als unproduktiv angesehenen Flächen sind geeignete Maßnahmen. Bei allen Eingriffen müssen jedoch Schlehenbüsche, die kleiner als einen Meter sind, erhalten bleiben, damit die Segelfalterraupen auch etwas davon haben.
Text: Wolfgang Seufert