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Öko-Tipps

Was kommt, wenn der Wald geht? (Exkursion am 9.07.23)

Hammelburg – Am bisher heißesten Tag des Jahres 2023 hatte der Bund Naturschutz am Sonntag in den Stadtwald von Hammelburg eingeladen. Fast 30 TeilnehmerInnen konnten bei 38 Grad Hitze die immer extremer werden Wuchsbedingungen für Bäume am eigenen Leib spüren.
Unter dem Motto „Was kommt, wenn der Wald geht?“ stellte der Betriebsleiter des Forstbetriebes Juliusspital und der Stadt Hammelburg Matthias Wallrapp, am Stürzelberg, vom Jugendzeltplatz Richtung Obereschenbach, die dramatischen Veränderungen im Wald wegen der Klimaerhitzung dar. Auch bei guten  Bodenverhältnissen in  bisher gesunden Buchenbeständen sind jetzt schon ein Drittel der 120 Jahre alten Bäume soweit geschädigt, dass sie entnommen werden müssen, da sie drohen umzustürzen.

„Wir haben jetzt Waldbilder, die vor 10 Jahren noch in den Prognosen des Klimawandels für 2100 eingeplant waren,“ so Wallrapp.
Die TeilnehmerInnen sahen 160 Jahre alte absterbende Kiefern. Aber auch an der bis vor Kurzem noch als Hoffnungsträger gesehenen Buche werden die Blätter am Baum braun, Äste brechen ohne Vorwarnung ab. „Die Buche ist nicht für die extreme Hitze und die extreme Trockenheit geeignet. Sie schließt ihre Spaltöffnungen zur Photosynthese an den Blättern nicht, dadurch wird, wenn sie kein Wasser aus dem Boden nach oben leiten kann, der Wasserfluss in Stamm und Zweigen irgendwann unterbrochen. Genauso wie wenn man versucht mit dem Trinkhalm aus einem leeren Glas zu trinken und dieser dann Luft zieht.“
Das Fazit der Begehung: Der Wald wird anders, er ist nicht mehr kühl und feucht, sondern eher licht, durchsonnt und trocken. Als Bäume die zukünftig auf solchen Standorten noch aushalten können, sieht Matthias Wallrapp Eiche, Walnuss, Mehlbeere, Spitzahorn und Linde.  Aber auch hier gibt es schon Rückschläge. Baumarten wie Elsbeere, die lange als Hoffnungsträger gehandelt wurden, zeigen nun auch schon deutliche Trocken- und Hitzeschäden.
Aber Wallrapp gab auch Hoffnung. „Hier haben wir den Luxus, dass viele der Baumarten schon da sind und vor Ort von Natur aus aufkeimen.“
In den drei Stunden Waldbegang wurden viele Aspekte der Waldwirtschaft diskutiert, soauch das Thema neuer Baumarten. Auf einer besonders geschädigten Fläche sind Pflanzungen der Libanonzeder vorgesehen, ein vom Staat geförderter Praxisanbauversuch.
Bei der Walnuss, die die Römer zu uns brachten und die über die Jahrhunderte immer auf große Früchte selektiert wurde, gibt es in den Herkunftsländern wie Pakistan, ganze Wälder mit geradem Stammwuchs. Diese Varianten wären auch bei uns dann für die holzverarbeitende Industrie bestens geeignet.  Auch die Themen waldgerechte Jagd, Nutzungsverzicht sowie Käfer- und Pilzbefall wurden diskutiert.
Die Teilnehmer waren sich einig dass bei den Rückegassen unbedingt darauf geachtet werden muss, am Hang den Wald nicht zu entwässern, sondern das Wasser im Wald zu halten.  Beim Bodenleben des Waldes bestand allgemein Einverständnis, dass hierüber noch Forschungsbedarf besteht.
Werner Keller, Sprecher des AK Wald in der BN-Kreisgruppe, dankte für die intensive Führung und überreichte Wallrapp ein selbstgefertigtes Schatzkästchen aus Eiche mit einer Baumperle. „ Behüten Sie unseren Wald wie einen Schatz,“ war sein Appell an den Förster, denn dass der Wald auch zur Erholung des Menschen, zur Kühlung des Vor-Ort-Klimas dient, als Sauerstoffproduzent, Kohlenstoffspeicher viel mehr ist als nur ein Heizholzlieferant, wird immer offensichtlicher.